Männer und Nudeln

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Prolog: Als ich diesen Text schrieb, wusste ich nicht, dass „SPD“ nicht für „Schwanz, Penis, Deutschland“ steht. Rückblickend bin ich selber überrascht, dass Walter Momper nicht genannt wurde.

Es gibt eine Sache, über die Rapper ständig reden, die aber kaum Teil des öffentlichen Diskurses ist. Zumindest unter Männern.

Wenn du ein Kerl bist, halte kurz inne und überlege: Weißt du, wie die Nudel deines besten Freundes aussieht?
Wenn du eine Olle bist, halte kurz inne und überlege: Wie hat deine beste Freundin die Nudel ihres letzten Lovers beschrieben?
Wenn du eine Nudel bist, halte kurz inne und überlege: Wer weiß von dir?

Männer reden nicht über Nudeln. Zumindest nicht untereinander. Also zumindest Heten nicht. Wir reden nicht einmal über unsere Säcke. Säcke gehören neben Ohren und diesen Knubbeln an der nasenwärtigen Innenseite des Auges zu den 3 hässlichsten Körperteilen – nach allen von deiner Mutter. Schämen wir uns alle, dass dieses exklusiv nur bei Männern auftritt? (Erneut: Frauen mit einem Hodenkinn – also deine Mutter – zählen nicht) Eigentlich sollten wir doch stolz darauf sein. Und ganz besonders auf unsere Nudeln.

So wie in unserer Kindheit, als wir unsere Nudeln fast ununterbrochen in den Händen hielten und daran zogen.
So wie in unserer Jugend, als wir unsere Nudeln fast ununterbrochen in den Händen hielten und daran rieben.
So wie heute, als wir unsere Nudeln fast ununterbrochen in den Händen halten, während wir sie im Büro-Kühlschrank in fremde Joghurtpackungen tunken.

Natürlich wird es selbst dann immer noch Leute geben, die uns daran hindern wollen, über unsere Nudeln zu reden. Wenn sie ein Problem damit haben, dass wir über unsere Nudeln reden, reden wir eben über den Präsidenten. Oder den Sackwart. Oder Frank-Walter Steinmeier. Den glorreichen, von wulstigen Venen umrankten, pulsierenden, mit einem riesigen Kopf versehenen, die Berliner Mauer jederzeit wieder einreißen könnenden, in Nacherzählungen immer ein wenig größer dargestellten, im richtigen Licht ehrfurchtseinflößenden, eifrigen und unermüdlichen Arbeiter Frank-Walter Steinmeier.

War es nicht Frank-Walter Steinmeier, von dem Moses Pelham herabstieg, um die 10 Gebote zu verkünden?
War es nicht Frank-Walter Steinmeier, den die Terroristen am 11. September als eigentliches Ziel hatten?
War es nicht Frank-Walter Steinmeier, der Frank-Walter Steinmeier?

Vielleicht hatte Gerhard Schröder recht und wir sollten unseren Nudeln zuliebe zum Alkohol greifen, weil der macht, dass wir über selbige reden und sie für unwiderstehlich halten. Ohne Rücksicht auf Verluste.

Egal, wie unangenehm es für alle Beteiligten ist, wenn wir uns an ihnen reiben und dabei „Ich will da rein!“ stammeln.
Egal, wie unangenehm es für alle Beteiligten ist, wenn wir für das Wort Erdgas-Pipeline immer Anführungszeichen verwenden und zwinkern.
Egal, wie unangenehm es für alle Beteiligten ist, wenn wir Flutopfer besuchen und ihnen versichern, dass wir etwas besitzen, das größer und fester als alle bisherigen Dämme ist. In unserer Hose.

Und selbst wenn wir statt einer Nudel ein Gnoccho haben. Knorpelig, nicht dasselbe. Verkümmert, der bloße Anblick ruft einen sofortigen Würgreiz hervor. Das ist auch ein Teil der Natur, so wie ein Regenwurm mit wuchernden Metastasen.

Sigmar Gabriel hat uns vorgemacht, dass wir uns deshalb nicht schämen müssen.
Sigmar Gabriel lebt sein Leben, obwohl er sein Gnoccho seit Jahren nicht sehen konnte.
Sigmar Gabriel ist ein Vorbild für alle Gnoccho-Halter!

Selbst also, wenn man bei einem Blick in den Kochtopf nicht erkennen kann, was für Pasta es gibt – und ob man davon überhaupt satt wird – man sollte zumindest darüber reden können.

Danke.

Von Silvester Klement