Ich wollte immer surfen

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Als Kind wollte ich immer Surfer sein. Ach, wem mach ich was vor, ich will immer noch Surfer sein. Aber wie dämlich sieht ein dicker Junge auf einem Surfbrett aus? In diesem ohnehin schon viel zu engen Neoprenanzug sieht dann jeder, ob er nun will oder nicht, dass meine Männerbrüste viel zu weiblich geformt und mein Penis viel zu klein ist. Das muss man doch niemandem antun.

Als Surfer würde ich Zack McSurfington heißen und meinen Kopf immer dümmlich dauerbekifft schütteln, auch in stillen Momenten, so als würde der zuletzt gesagte Satz in meinem Kopf noch resonieren und ich ihn schütteln, bis Weisheit herausfällt, selbst wenn dieser Satz “Das macht dann 2€.” war.

Natürlich würden Leute mich dafür aufziehen, dass ich Zack McSurfington heiße, zum Einen, weil es ein arg billiger Abklatsch von diesem McCool aus “Superbad” ist, zum Anderen, weil ein Surfer namens “McSurfington” doch arg klischeehaft ist. Aber es wäre mir egal, ich würde meinen Kopf vor mich hin schütteln, dabei mein von der Sonne gebleichtes Haar schütteln und das Herz von irgendjemandem brechen, weil ich niemanden jemals so lieben werde wie die Wellen.

Nichts könnte mich aufhalten. Kein Tsunami, kein Hausarrest, kein Durchfall. Bei jedem Wetter wäre ich draußen. “Wo ist Zack McSurfington schon wieder?!” — “Er ist draußen.” — Und dann würden ihre Blicke in die Ferne gleiten, sie würden mich darum beneiden, dass ich meinen Traum lebe und immer surfen könnte, bei jedem Wetter.

Natürlich wäre ich trotzdem ein unfassbar beschissener Surfer, weil zu fett. Und genau deshalb würde ich bei allen Surfwettbewerben auch immer den letzten Platz belegen, sämtliche Presseerzeugnisse der Welt hätten meine Geschichte schon für ihre letzte Seite oder für mehrseitige Dokumentationen mit Überschriften wie “Der dicke Junge und das Meer” verwurstet, sodass ich keinerlei Einnahmequellen hätte außer Jobs, für die ungelernte Fettsäcke eben infrage kommen.

Aktmodell in Volkshochschulen etwa. Ein hervorragendes Modell, um den Zwiespalt eines modernen Mannes, gefangen zwischen der männlichen und der weiblichen Welt, aber gleichzeitig dem sozialen Druck ausgesetzt, einen Bart zu tragen, weshalb er aufgrund seines sehr lückenhaften Bartwuchses Schamhaare mit Klebstoff im Gesicht befestigt.

Das wäre schon irgendwie schön. Aber einen Neoprenanzug tragend im Internet surfen ist ja auch schön. Zumindest, wenn man sich dabei einpisst und Meeresrauschen-CDs hört.

Surf on, duderonis! *macht diese Ronaldinho-Surfergeste und googelt Erwachsenenwindeln*

Von Silvester Klement