Ein Tyrannosaurus mit einer Erektion

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Das Leben ist nicht immer einfach, wenn man ein Tyrannosaurus mit einer Erektion ist. Am schlimmsten sind die Blicke im Supermarkt. Abgesehen von den “OH MEIN GOTT, DA IST EIN VERFICKTER TYRANNOSAURUS REX IM SUPERMARKT!”-Blicken sind da noch diese voller Ekel. Die tun am meisten weh. Dabei kann ich echt nichts dafür. Guck dir diese Arme doch mal an. Weiter unten. Stück höher. Ja, genau das. Das sind meine Arme. Wie soll ich denn mit denen bis nach da unten kommen?

Alles begann während einer ganz normalen Jagd. Ich hatte unfassbaren Appetit auf Menschenfleisch. Normalerweise esse ich nur Babys, aber seit Angela Merkel regiert, werden die meisten essbaren Babys ihr zum Fraß vorgeworfen, deshalb bin ich dazu übergegangen, eine andere Personengruppe zu jagen, die nicht minder wehrlos ist: Rentner. Klar, die schmecken oft nach Eierlikör und die Haut ist ein bisschen zäh, aber dafür lassen sich die Knochen angenehm leicht durchstoßen. Ab und zu hat man Pech und beißt auf ein künstliches Hüftgelenk oder einen Herzschrittmacher, aber in der Regel ist das ein echt einfaches und leckeres Unterfangen. Und genau deshalb freute ich mich auch dieses Mal wieder über ein leckeres Häppchen. Wo ich auf die Jagd ging, hing immer von der Uhrzeit ab und da es Montag 10:30 Uhr war, gab es nur einen Ort, an dem ich garantiert genug Rentnerfleisch vorfinden würde, um meinen Bauch vollzuschlagen: Im Supermarkt, genauer gesagt an der Supermarktkasse.

Wie immer betrat ich den Supermarkt durch die Decke, denn Supermarkttüren, selbst im Zeitalter der immer fetter – und dadurch überraschenderweise nicht leckerer – werdenden Menschen, waren irgendwie nicht dafür geschaffen, 4 Meter hohe Saurier aus der Urzeit passieren zu lassen. Natürlich führte das stets zu nervigem Geschrei, gerade, weil immer wieder Menschen von herabfallenden Steinbrocken erschlagen wurden, aber der Hunger ließ mich das meist ignorieren. Es gab eine Zeit, in der mich diese ständigen Schreie in meinem Innersten berührten und am Sinn meiner Existenz zweifeln ließen. Die Liebe würde ich in diesem Leben vermutlich nie finden. Bisschen ficken mit Krokodilen ausm Zoo schön und gut, aber Fortpflanzung war nicht drin. Damit hatte ich mich abgefunden. Ich war pragmatisch geworden. Aber vor allem war ich gerade hungrig und empfand die durch Teile der Mauerwerk getöteten Menschen eher als für mich schon nett aufbereiteten Snack für Zwischendurch, bei dem ich nur noch zuschnappen musste. Von zwei Beinen, einem Kopf oder nur einem Torso wurde ich zwar nicht satt, aber als kostenloser Aperitif war das echt super! Meine Hauptspeise wartete ja an der Kasse auf mich. Meist hatten sie gar nicht mitbekommen, was da um sie herum passiert war und kramten noch in ihrer Geldbörse nach dem Kleingeld, um ihre Einkäufe zu bezahlen. Manche bekamen es mit, blieben ängstlich stehen und sahen mich auf sie zukommen. Entkommen konnte ohnehin keiner. Zum Einen, weil sie alt waren. Zum Anderen, weil ich das gefährlichste Landraubtier der Welt war. (Die anderen hatte ich alle getötet und wer bitte nimmt eine verkackte Mücke ernst? Malaria hin oder her, die Gefahr, die von denen ausgeht ist vergleichbar mit Aids, nur dass sie vielleicht nicht so wählerisch ist, was Hautfarbe oder sexuelle Vorliebe anbetrifft.)

Und genauso lief das auch an diesem verhängnisvollen Tag ab. Ein älterer Herr, volles weißes Haar, das seine Baskenmütze so spielerisch umrankte, dass ich mir noch Sekunden vor dem ersten Bissen (das ist meist der lustigste, weil die Geräuschkulisse dann abruptesten von einem “AAAAAAAAAAH!” zu einem Knirschgeräusch und im Hintergrund dann wieder zu einem “AAAAAAAAAH!” wechselte) wünschte, dass hier irgendwo eine Windmaschine aufgestellt wäre. Der zweite und dritte Happen, vor dem ich seinen Körper mit einer Schwungbewegung meines Kopfes in die Luft warf, waren ebenfalls so wie immer. Doch schon bald beobachtete ich an meinem Körper Veränderungen. Erst hatte ich das Gefühl, dass mein Blutdruck erhöht war, Schweiß bildete sich überall auf meinem Körper und dann, schließlich, bekam ich eine Erektion. Keine normale Erektion, wie ich sie beim Anblick von Reptilien oder Echsenmenschen wie Uschi Glas bekam, nein, eine unkontrolliert anhaltende Erektion. Dieser alte Dreckssack musste auf Viagra gewesen sein!

Seit diesem Tag laufe ich mit einer Erektion durch die Gegend. Hilflos. Es gab Dinosaurierfreunde (die Menschen lieben Dinosaurier!), die mir durch Handentspannung helfen wollten. Oder es zumindest vorgaben. Glaube ich. Hm. Irgendwelche Perversen spielten mir jedenfalls am Piephahn rum, aber selbst das brachte nichts. Also halt echt gar nichts. Sie rieben und rieben, aber irgendwann wurde ich dann einfach wieder hungrig und bevor sie, bzw. ich, fertig waren, hatte ich schon zugebissen.

Zwischendurch hatte ich auch überlegt, einfach in einen Sumpf hineinzuficken, aber wenn ich dann fertig wäre, würde ich ja nicht wieder aufstehen können, weil meine Arme so kurz waren. Es war zum aus der Haut fahren.

Das Naheliegendste – Sex mit Krokodilen – scheiterte daran, dass diese unkontrollierbare Erektion dafür sorgte, dass ich die Krokodile kaputtmachte und es keine gynäkologischen Stühle gab, bei denen die Beinschalen kurz genug waren, um darauf ein Krokodil zu platzieren.

Wäre ich nicht so ungeschickt, würde ich es mit Teleskopstangen zum Fensterputzen versuchen, aber bei meinem Geschick würde ich mir das Teil wahrscheinlich entweder in die Harnröhre oder ins Auge rammen.

So bleib ich dann eben einfach ein Tyrannosaurus mit einer Erektion.

Hi!

Die Augen sind hier oben.

Von Silvester Klement