die sache mit dem dating

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“also das ist ne komplizierte geschichte. am besten fang ich ganz von vorn an.
letztens wollte ich dating ausprobieren. ich fuhr also ins erzgebirge, um mir dort kohle zu besorgen, im media markt um die ecke beschaffte ich mir ein radio. ich wickelte radio und kohle in eine gardine und ging damit zu einem radiokohlenstoffdatingtreffen. ernüchtert musste ich feststellen, dass da nur typen waren, die sich die ganze zeit kichernd irgendein zähl”rohr” rumreichten. offenbar war die c14-methode der falsche datingansatz.

in einem club auf frauenfang zu gehen scheiterte daran, dass die alle schneller waren, inklusive der türsteher.
eine recherche im internet ergab, dass man im internet ebenfalls frauen finden konnte. onlinedating also. weil es aus ethischen gründen keine fotos von meinem gesicht gibt, nahm ich einfach ein foto von ike turner und streckte das gesicht ein wenig in die breite. ich wollte aber nicht diese ganzen ausgelatschten pfade beschreiten und inserierte deshalb bei ebay ein date mit mir unter der überschrift: “schlagkräftiger typ sucht auge, auf das seine faust passt”. bald kamen auch die ersten gebote. um den preis hochzutreiben, spannte ich meinen gesamten freundeskreis ein. hans bot dann auch zweimal mit. am ende der auktion stand der preis bei 14e. da es sich bei dem anderen bieter anscheinend um einen spaßbieter handelte, lag das höchstgebot bei den 13e von hans. wir hatten also ein date. hans war ein wenig erstaunt, dass ich das dann doch ernsthaft durchziehen wollte, willigte dann aber ein, er sei ja selber single und wieso auch nicht und überhaupt wären wir ja im jahr 2010 und nicht 1960.

wir verabredeten, dass wir uns am alex unter der weltzeituhr treffen würden, wo ich dann einen tag später auch stand und auf ihn wartete. nach einiger zeit tippte mir jemand auf die schulter, ich drehte mich um und da stand er: hans. im kleinen schwarzen. verunsichert umarmte ich ihn höflich zurückhaltend bis gewohnt freundlich. als mann von welt schlug ich ein internationales restaurant vor. das essen selbst verlief eher ereignislos, bis auf die tatsache, dass er mich mehrfach darauf einlud, wie bei susi und strolch die pommes vom anderen ende zu essen, was ich verneinte und irgendwas von wegen “mir reicht mein big mac” murmelte. so langsam fiel mir auch auf, was mich an hans’ aufmachung störte. er hatte weder brustbehaarung noch bart rasiert und das kleid war mindestens 3 nummern zu klein. normalerweise würde ich in einem solchen fall laut “NIPPELWETTER!” rufen, aber in diesem fall hielt ich mich zurück. zumal ich korrekterweise “HAARIG GEPIERCTES NIPPELWETTER!” hätte rufen müssen. und da waren ja auch kinder anwesend, auf die ich rücksicht nehmen wollte. mittlerweile hatten wir beide aufgegessen, hans fragte, wieso ihm meine wunderschönen grünen augen vorher nicht aufgefallen seien. ich fragte, wieso zum fick er ein kleid trug. anscheinend eine stimmungskillerfrage. traurig senkte sich sein blick, er stützte seinen kopf auf seiner hand ab, verzog seine mundwinkel nach unten, stieß scheinbar einen seufzer aus und stocherte mit der anderen hand mithilfe eines strohhalmes in den verbliebenen eiswürfeln in seinem getränk. als am nebentisch jemand laut den harry und sally spruch abwandelte in “ich möchte AUF KEINEN FALL, was sie hatte” und auf hans zeigte, realisierte ich, dass dies der ideale zeitpunkt wäre, zivilcourage, toleranz und empathie zu beweisen. aber nicht für mich.

ich verließ das etwas andere restaurant und stolperte beim ausgang über einen “speeddating”-werbeaufsteller, der auf eine solche veranstaltung im park inn hotel nebenan hinwies. da ich keine ahnung hatte, wo ich auf die schnelle speed herbekommen könnte, besorgte ich mir bei diesem einen kaffeeladen 2 quad espressose zum gehen. aufgekratzt rannte ich zurück zum park inn, zahlte die 50e teilnahmegebühr und schon begann der reigen. eine frau nach der anderen erzählte mir aus ihrem leben, während meine augen koffeininduziert wild umherwanderten. ich hielt die alle für totale drogenwracks, da die sich erstaunlich klar artikulieren konnten und auch ansonsten keinerlei anzeichen eines speedtrips aufwiesen. in runde 20 wurde ich dann überrascht. plötzlich saß hans vor mir. das kleine schwarze hatte er mittlerweile ausgetauscht gegen einen businesshosenanzug, der seine wangenknochen betonte. ich verliebte mich sofort. hans, der mich lesen konnte wie ein buch, begann laut zu lachen und mit ihm dann plötzlich auch die anderen anwesenden. und weil ich soviel kaffee getrunken hatte und dann auch noch plötzlich guido cantz auf der bildfläche erschien und irgendwas faselte von wegen „da ist ne kamera und da und da und da“, wurde plötzlich alles erst ganz hell und dann ganz dunkel und jetzt bin ich hier. ich nehme an, wegen der flucht aus dem mcdonalds. und du?”

“ich hab fdp gewählt.”

“oh.”

Von Silvester Klement